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Die Gegend ist bildschön

SPÄTSOMMER 1914: der Erste Weltkrieg hat begonnen. In Berlin überlegt der Arzt und Schriftsteller Alfred Döblin, was dies für ihn und seine junge Familie bedeutet. Nur zwei Jahre zuvor hatten er und Erna Reiss geheiratet und Sohn Peter bekommen. Erna erwartet inzwischen ein weiteres Kind.

Um einer Einberufung zuvorzukommen, beschließt Alfred Döblin, sich freiwillig für den Kriegsdienst zu melden. Mediziner werden im Krieg gebraucht und erfreuen sich zahlreicher Privilegien. So arbeiten sie im Allgemeinen weit hinter der Front, erhalten bessere Besoldung, dürfen ihre Familie nachholen und sind äußerst selten im Kasernenhof anzutreffen.

Alfred Döblin hat Glück. Er erhält den Befehl, sich im Lazarett in Saargemünd am Zusammenfluss von Blies und Saar zu melden. Saargemünd gehört seit 1871 zum »Reichsland Elsass-Lothringen«, das sich Deutschland nach dem deutsch-französischen Krieg einverleibte.

Döblins »… Leben verläuft hier eigentlich recht monoton« (Brief vom 7. März 1915). Daher nutzt er jede Gelegenheit, dem Lazarett-Dienst zu entkommen, um zu schreiben und während ausgedehnter Wanderungen die Gegend besser kennenzulernen. Viele dieser Touren führten ihn ins liebliche Tal der Blies.

Bliesgersweiler, Bliesschweyen und vor allem der Ritthof bei Bliesransbach, damals ein florierendes Weingut mit Gastwirtschaft, waren Wanderziele und regten den späteren Autor des Welterfolgs »Berlin Alexanderplatz« zu der Novelle »Das Gespenst vom Ritthof« an.
An Döblins Aufenthalt in Saargemünd (Sarreguemines) erinnert heute der »Place Alfred Döblin« nahe der städtischen Bibliothek.

Im Sommer 2015 wurden sieben Infotafeln entlang des Alfred-Döblin-Wegs am historischen Ritthof bei Bliesransbach aufgestellt. Die in deutscher und französischer Sprache gehaltenen Texte berichten von Döblins Aufenthalt während des Ersten Weltkriegs, aber auch über dessen vielfältige Beziehungen in das Grenzland zwischen Deutschland und Frankreich.

So ist es möglich, als Wanderer sich auf die Spuren des berühmten Schriftstellers und späteren »Brückenbauers« zwischen den beiden Nationen zu begeben und die einzigartige Atmosphäre und Vielfältigkeit der Kulturlandschaft des Biosphärenreservats Bliesgau kennenzulernen.

Oder kombinieren Sie Ihre Spurensuche mit einer Rundwanderung auf dem Ölschleifenweg um Bliesransbach. Diese etwa 14,5 Kilometer lange Tour führt u.a. über den Alfred-Döblin-Weg und verbindet Naturerlebnisse mit Weitblicke bis zu den Vogesen. Je nach Jahreszeit lassen sich entlang des Ölschleifenwegs mit dem Gut Hartungshof und dem Wintringer Hof der Anbau und die Herstellung regionaler Produkte näher kennenlernen.

»Nun sitze ich in diesem lothringischen Nest. Ich sehe keine Autos, keine Droschke; ab und zu einen Handwagen, bäurische Leute mit schiefen schwarzen Filzhüten… Rotbäckige Kinder auf den Plätzen; der breite tonvolle Dialekt, der sich viel Zeit läßt. Ich wohne in einem der drei Hotels an der Bahn; fünfzehn Minuten gradeaus von hier ist das Städtchen ganz durchschritten; draußen liegt unser Lazarett.« 

Brief vom 3. Januar 1915
 

Der Ritthof um 1900

Der Ritthof um 1900

Stephan Klopp

Eugen Ruge, Träger des Alfred-Döblin-Preises und des Deutschen Buchpreises bei einem Besuch in Bliesransbach

Eugen Ruge, Träger des Alfred-Döblin-Preises und des Deutschen Buchpreises bei einem Besuch in Bliesransbach

Gisela Ruge

Bombardement aus der Luft

Bombardement aus der Luft

Patric Bies

Enthüllung der Infotafeln am Alfred-Döblin-Weg im August 2015. v.l Stefan Klopp, Bgm. Stephan Strichertz, Patric Bies (verdeckt), Günter Lang, Dr. Ralph Schock und Fred Oberhauser †

Enthüllung der Infotafeln am Alfred-Döblin-Weg im August 2015. v.l Stefan Klopp, Bgm. Stephan Strichertz, Patric Bies (verdeckt), Günter Lang, Dr. Ralph Schock und Fred Oberhauser †

Gisela Ruge

Alfred Döblin

»Du hast wohl gelesen, daß wir neulich etwas Abwechslung hatten: Fliegerüberfall… Effekt ebenso schauderhaft: ein paar Häuser an der Bahn… geradezu demoliert, Wände rausgerissen, Dachstühle geborsten, halbe Fassaden abgerissen; einige Läden ausgeleert; von Scheiben nicht zu reden…Inzwischen alles Volk im Keller, Tag fast um Tag, Sirene bläst, Glocken läuten. ‚Schönes’ Wetter ist jetzt hier sehr unbeliebt. Gräßlich ist dieser Luftkrieg.-«

Brief vom 16. November 1916

Ein Lazarett im 1. Weltkrieg

Ein Lazarett im 1. Weltkrieg

Patric Bies

Als Arzt mit seiner Frau Erna in Saargemünd

Als Arzt mit seiner Frau Erna in Saargemünd

Marburger Literaturarchiv mit freundlicher Genehmigung durch Stéphane Doblin

Döblin an der Kamera bei den Dreharbeiten zu "Berlin Alexanderplatz", 1931

Döblin an der Kamera bei den Dreharbeiten zu "Berlin Alexanderplatz", 1931

Deutsches Filminstitut-DIF e.V

Der Romancier, Erzähler, Essayist, Publizist und Dramatiker Alfred Döblin wurde 1878 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Stettin geboren und zählt zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Bedeutende Werke sind die Novellensammlungen »Die Ermordung einer Butterblume « (1912) und »Die Lobensteiner reisen nach Böhmen« (1917) sowie die Romane: »Die drei Sprünge des Wang-lun« (1915), »Wallenstein« (1920), »November 1918« (1948) und »Hamlet« (1956), außerdem Essays zur Literatur, Glossen und Kritiken.

1929 erscheint Döblins berühmtester Roman »Berlin Alexanderplatz«. Döblin sezierte darin mit unverkennbarer didaktischer Absicht, wie es »einem guten Menschen« ergeht, wenn er in das Räderwerk der kapitalistischen Gesellschaft gerät. Die Geschichte von Franz Biberkopf wird zum Welterfolg.

Die Romanverfilmung 1931 gilt als eine Milieuschilderung der Berliner Unterwelt mit Heinrich George in der Hauptrolle. 1933 werden Döblins Bücher von den Nazis verbrannt. Es folgen Flucht und Emigration über Zürich nach Paris. 1936 französische Staatsbürgerschaft. 1940 weitere Flucht über Spanien und Portugal in die USA. Dann endlich 1945 Rückkehr nach Deutschland, als Kulturoffizier in der französischen Verwaltung in Baden-Baden und Mainz. 1949 Mitbegründer der Akademie für Wissenschaft und Literatur in Mainz. Döblin verstirbt am 26.6.1957 in Emmendingen.

Beisetzung im Vogesenort Housseras, neben seinem Sohn Wolfgang

Auf dem Ritthof

Der Ritthof, seit dem 19. Jahrhundert ein beliebter Ausflugsort im Bliesgau, war bis 1925 ein 8 Hektar großes Weingut. 1988 erhielt der Feldweg von der Wendalinuskapelle zum Ritthof den Namen »Alfred-Döblin-Weg« und wurde mit Kastanienbäumen bepflanzt. 2006 legte der jetzige Besitzer Fritz Kurtz erneut einen kleinen Weinberg an. Döblin schreibt, daß er oft von Saargemünd über Bliesschweyen und Bliesgersweiler zum Ritthof gewandert sei. Seine häufigen Ausflüge inspirierten ihn u.a. zur Novelle »Das Gespenst vom Ritthof«, die Züge eines Schauermärchens trägt.

Wolfgang Döblin: Mathematikgenie und Soldat in der Maginotlinie

Saarbrücker Rathaus. Hier hielt Alfred Döblin im Jahr 1952 seine "Europarede"

Saarbrücker Rathaus. Hier hielt Alfred Döblin im Jahr 1952 seine "Europarede"

Patric Bies

Alfred Döblin am Rande eines Schriftstellerkongresses 1948 in Berlin

Alfred Döblin am Rande eines Schriftstellerkongresses 1948 in Berlin

Bundesarchiv, Photographer: Walter Heilig

Mit einer Briefmarke ehrte die DDR Alfred Döblin

Mit einer Briefmarke ehrte die DDR Alfred Döblin

Knapp eine Woche nach seiner Geburt kommt Wolfgang Döblin im März 1915 mit Mutter und Bruder nach Saargemünd. Nach seinem Abitur in Berlin flieht Wolfgang 1933 nach Paris, wo er sein in Zürich begonnenes Physik- und Mathematikstudium wiederaufnimmt. Sein Forschungsgebiet sind mathematische Wahrscheinlichkeitstheorien.

1938 Einberufung als einfacher Soldat in die französische Armee. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs soll sein Regiment im Frühjahr 1940 im Schutze der Maginot-Linie den Bogen der Blies zwischen Saargemünd und dem Dorf Bliesbrück sichern, also genau jene Gegend, wo sein Vater 25 Jahre zuvor als Arzt in deutscher Uniform diente. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht erschießt sich Wolfgang Döblin am Morgen des 21. Juni 1940 in dem kleinen Ort Housseras, auf dessen Dorffriedhof er bestattet wurde. Nach ihrem Tod wurden Alfred und Erna Döblin auf eigenem Wunsch an der Seite ihres Sohnes bestattet.

Wolfgang Döblin

Wolfgang Döblin

Der Brückenbauer zwischen Deutschland und Frankreich

1952 erreichte Döblin eine Einladung der Landeshauptstadt Saarbrücken, zur »Woche des zeitgenössischen Kulturschaffens «. Es war einer seiner letzten öffentlichen Auftritte. In seiner an die Jugend gerichteten »Europarede« fordert er die Aussöhnung mit Frankreich und die europäische Vereinigung. »Die alten Staatensysteme haben ihren Sinn verloren. Europa heißt die Realität von heute und ist eine Realität in uns.« (29.6.1952)

Weiterführende Literatur

Marc Petit: »Die verlorene Gleichung – Auf den Spuren von Alfred und Wolfgang Döblin«, Eichborn-Verlag, Frankfurt a. M. 2005
Ralph Schock: »Alfred Döblin: ‚Meine Adresse ist: Saargemünd’ – Spurensuche in einer Grenzregion«, Gollenstein-Verlag, Merzig/Saarbrücken 2010
Wilfried F. Schöller: »Döblin – Eine Biographie«, Hanser-Verlag, München 2011

Text und Redaktion:

Patric Bies

Ein besonderer Dank geht an Dr. Ralph Schock und Dr. Reiner Marx für Ihre Unterstützung!



Bliesgau Ölmühle • Gut Hartungshof • Bliesransbach


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