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Bliesgau Ölmühle unterstützt Kartoffelanbau

Kartoffelernte von Benno Breyer, Privatbesitz

Wenn man unter den Saarländern eine Umfrage macht, gelten wir als einer der größten Kartoffelliebhaber der Republik. Das zeigt sich an den unzähligen Gerichten, bei denen Kartoffeln eine wichtige Rolle spielen: Bratkartoffel, Folienkartoffel, Kartoffelpüree, Pommes oder Dullesjer, Grumbeerkiechelcher, Hoorische, Schaales und Stupperdeum, nur um ein paar Rezeptbeispiele zu nennen. Traditionell waren die Menschen in der ehemaligen Montanregion darauf angewiesen, viele energiespendende Kohlenhydrate zu sich zu nehmen.

Noch lange vor Friedrich dem Großen, der als eigentlicher „Geburtshelfer“ des Kartoffelanbaus in Deutschland gilt, begann man im heutigen Gebiet zwischen Saar und Blies Kartoffeln anzubauen. Schon 1696 soll ein Bauer Kartoffeln aus Frankfurt mitgebracht und dem Bischmisheimer Pfarrer übergeben haben und zwar mit der Idee, dass sich die Kartoffeln nach und nach vermehren.
Gerade in Krisenzeiten bewährte sich die Kartoffel als ertragreiche Feld- und Gartenfrucht und bewahrte viele Menschen vor dem Verhungern.

Kartoffelstreifen werden gehackt. Unkraut wird dabei unterdrückt und Erde auf die Kartoffelhügel gehäuft. (Foto: 20er Jahre des 20. Jahrhunderts)

Kartoffelstreifen werden gehackt. Unkraut wird dabei unterdrückt und Erde auf die Kartoffelhügel gehäuft. (Foto: 20er Jahre des 20. Jahrhunderts)

In Brenschelbach wurden Kartoffeln am 30. April gesetzt und am 22. Juni nach alter Tradition – bodenschonend – mit einem Kaltblüter gehackt.

Doch die Kartoffel hat neuerdings ein „Imageproblem“: Pasta, Quinoia, Kürbis oder Süßkartoffel genießen vielerorts inzwischen mehr Beachtung als die einstige „Grundbirne“. Diese gilt plötzlich als lasch, mehlig, fad. Sogar die einst segensreichen Kohlenhydrate werden problematisiert. Von 1950 bis heute sank der Kartoffelkonsum um fast 70 Prozent.
Agroindustrie, Handel und Medien sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, die Kartoffel neu zu definieren. Eine Speisekartoffel solle formschön, oval bis langoval sein, eine glatte Schale haben und innen „gelbfleischig“ sein. Doch kein Wort zum Geschmack. Gleichzeitig ist zu beobachten, wie der Kartoffelanbau auch im Saarland drastisch zurückgeht.

Wir begrüßen die Initiative von Slow Food-Saarland, die heimische Kartoffel wieder mehr ins Bewusstsein zu bringen. Alleine in Deutschland gibt es mehr als 350 Sorten. In ganz Europa sind es sogar mehr als 1.600 Sorten. Besonders interessant sind hierbei alte Kartoffelsorten, die in Farbe und Form so gar nicht mehr den modernen Zeiten entsprechen, aber im Geschmack jede Industriekartoffel um Längen ausstechen.

Als Ölmühle, die sich seit 15 Jahren zur Aufgabe macht, alte und – vor allem – seltene Kulturpflanzen wiederzuentdecken, um daraus leckere Speiseöle zu gewinnen, gesunde Backwaren herzustellen oder die Traditionen der Stangenbohnen in saarländischen Gärten vor dem Aussterben zu bewahren, sehen wir in den Kartoffeln eine wichtige Ergänzung all unserer „Rettungsbemühungen“.

Kartoffelbauer und seine Frau in Südfrankreich um 1900

Kartoffelbauer und seine Frau in Südfrankreich um 1900

Patric Bies, Bliesgau-Ölmühle mit Alexander Vogelgesang auf dessen Kartoffelfeld bei Ommersheim

Patric Bies, Bliesgau-Ölmühle mit Alexander Vogelgesang auf dessen Kartoffelfeld bei Ommersheim

Nicht nur die Vielfalt des Kartoffeluniversums, sondern auch ihre Inhaltsstoffe machen die braune Knolle zu etwas Besonderem. Die durchschnittliche Speisekartoffel besteht zu fast 78 Prozent aus Wasser und enthält praktisch kein Fett sowie nur wenige Kalorien. Dafür verfügt sie aber über viele Mineralstoffe und Vitamine: mit 17 Milligramm pro 100 Gramm hat sie sogar mehr Vitamin C als ein Apfel.

Gerade in Zeiten des Klimawandels ist die ökologische Bedeutung der „Grumbier“ nicht hoch genug einzuschätzen. Weltweit ist die Kartoffel das viertwichtigste Grundnahrungsmittel nach Reis, Weizen und Mais. Und der Kartoffelanbau ist sehr sparsam im Wasserverbrauch: Im Schnitt benötigt man 1.350 Liter Wasser, um ein Kilo Weizen zu ernten, 3.000 Liter für ein Kilo Reis und fast 15.000 Liter Wasser, um ein Kilo Rindfleisch zu erzeugen. Für die gleiche Menge Kartoffeln braucht man lediglich 135 Liter Wasser.
Um auch in Zukunft die Bevölkerung zu ernähren und die Wasserressourcen zu schonen, gehört dem Kartoffelanbau die Zukunft – auch im Saarland.

Mit den Landwirten Alexander Vogelgesang, Ommersheim, und Werner Brengel, Brenschelbach, haben wir zwei Landwirte als Partner gewonnen, die sich in dieser Saison dem „Wagnis“ alter Kartoffelsorten ausgesetzt haben und demonstrieren, dass diese im Anbau überzeugen und von Kartoffelliebhabern gerne gegessen werden.

Kartoffel werden gepflanzt und gleichzeitig ein Erdhügel aufgehäuft

Kartoffel werden gepflanzt und gleichzeitig ein Erdhügel aufgehäuft

Angeliter Tannenzapfen

Angeliter Tannenzapfen

Blauer Schwede

Blauer Schwede

Hörnchen

Hörnchen

Purple Haze

Purple Haze

Blaue Anneliese

Geflügelhof Vogelgesang
Saarbrücker Straße 52
66399 Mandelbachtal
Tel: 06803 / 1661

Sorten:

ACKERSEGEN
Eine eher mehlige Kartoffelsorte aus der Zeit der Weimarer Republik. Sie wurde aus den Sorten „Hindenburg“ und „Allerfrühste Gelbe“ gezüchtet und 1929 in die Sortenliste aufgenommen.
Robuste Knolle sowohl im Anbau wie auch bei der Lagerung. Im Geschmack leicht butterig und leicht würzig. Hervorragend geeignet für Püree und als Backkartoffel.

SKERRY BLUE
Eine sehr alte Kartoffelsorte. Ihr Vorkommen ist schon 1856 in Irland belegt. Die Schale ist violett mit sehr tiefen Augen. Das Fruchtfleisch ist gelb und festkochend. Sie hat einen kräftigen und sehr ausgeprägten Kartoffelgeschmack.
Wegen ihrer Unförmigkeit und der tiefen Augen wird es sie wohl nicht mehr lange geben.


Bio-Laden
Werner Brengel

Vogesenstraße 12
66440 Blieskastel-Brenschelbach
Tel: 06844 / 632

Sorten:

BLAUER SCHWEDE
„Kartoffel des Jahres“ 2006. Blaue Schale mit blau-weiß marmoriertem Fleisch hat einen wunderbar cremigen Geschmack. Über Schweden kam sie im 19. Jahrhundert nach Deutschland. Die blaue Färbung geht auf wasserlösliche Anthocyane zurück, dem eine hohe antioxidative (krebsvorbeugende) Wirkung nachgesagt wird.

SIEGLINDE
„Kartoffel des Jahres“ 2010. Gilt als sehr würzig, speckig und edel im Geschmack. Erstmals 1935 in Deutschland zugelassen, zählt sie somit zu einer der ältesten Sorten Deutschlands. Wegen ihres leckeren Geschmacks verwenden führende Köche die Sieglinde auch als Pell-, Salz- oder Ofenkartoffel.

„HÖRNCHEN“
„Kartoffel des Jahres“ 2008. Eigentlich „Bamberger Hörnchen“. Ist eine delikate und würzige Kartoffel, die sich besonders gut sowohl für Kartoffelsalat als Beilage oder als knusprige Bratkartoffel eignet.
Sie stammt aus der Gegend um Bamberg in Franken und ist seit 1870 bekannt. Seit 2013 dürfen diese unter diesem Namen nur noch in Franken angebaut werden.
Die Hörnchen sind festkochend, fingerlang mit tief liegenden Augen. Die Schale zeigt sich zartrosa, das Innere tiefgelb.
Aufwendiger Anbau, da wenig ertragreich und aufgrund der Form nur schwer erntbar.

ANGELITER TANNENZAPFEN
Tschechische Sorte seit 1941 zugelassen. Sehr gute Salatkartoffel, gelbfleischig und festkochend. Ihre fingerlange Form erinnert etwas an das „Bamberger Hörnchen“.
Die Kartoffelpflanze hat eine schöne leuchtend blaue Blüte, ist sehr widerstandsfähig und eignet sich gut für den Bio-Anbau.

PURPLE RAIN
Die jüngste aller Kartoffeln erhielt erst 2019 ihre Zulassung. Im Geschmack ist „Purple Rain“ kräftig, aromatisch und vollmundig. Als festkochende Sorte eignet sie sich als Brat- oder Salzkartoffel sowie für Kartoffelsalat. Besonderheit ist ihre violett-weiße Marmorierung, die beim Kochen gut erhalten bleibt. Es handelt sich hierbei um immunstärkende Anthocyane. „Purple Rain“ ist sehr ertragreich und gut lagerfähig.

Junge Flämin beim Kartoffelschälen um 1900

Junge Flämin beim Kartoffelschälen um 1900

Kriegspropaganda für Kartoffelanbau im Ersten Weltkrieg

Kriegspropaganda für Kartoffelanbau im Ersten Weltkrieg



Bliesgau Ölmühle • Gut Hartungshof • Bliesransbach


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