Selten, dass ein "Feldtag" viele Zuschauer anzieht. Wo doch die Materie für landwirtschaftliche Laien etwas schwer zu durchschauen ist...
Ganz anders auf dem Bioland-Hof von Marcus Comtesse in Wadgassen. Gemeinsam mit der Peter-Imandt-Gesellschaft/Rosa-Luxemburg-Stiftung, Slowfood Saarland, der Bliesgau-Ölmühle und dem Bundesverband dezentraler Ölmühlen (BdOel) wurde Ende Juni zu einem Feldtag geladen, der viele Interessierte aus nah und fern anzog.
Marcus Comtesse wirtschaftet bereits in der zweiten Generation nach den Richtlinien des Öko-Verbandes Bioland. Bereits Vater Friedrich Comtesse stellte 1976 auf biologische Wirtschaftsweise um.
Heute bestellt Sohn Marcus etwa 100 Hektar Ackerland mit bis zu 17 verschiedenen Feldfrüchten, u. a. Dinkel, Weizen, Roggen, Hafer und Gerste als Konsumgetreide, sowie Bohnen, Erbsen, Wicken, Lupinen, Buchweizen, Seradella und Malve als Saatgutvermehrung sowie die vielfach prämierten Speisekartoffeln, darunter auch die legendäre "Linda".
Doch nur nach Kriterien des kontrolliert-biologischen Anbaus zu arbeiten, befriedigten weder Vater noch Sohn. Deshalb stellten beide im Jahr 2003 zahlreiche Kulturen auf pfluglosen Anbau um. Gleichzeitig entdeckte man Leindotter als Partner in Mischkulturen. Der Leindotter erfüllt auf dem Feld wichtige Funktionen: Er stützt z.B. die empfindlichen Lupinen (Wolfsbohne) oder Linsen bei spätsommerlichen Gewitter, wodurch der Mähdrescher mehr Hauptfrüchte ernten kann. Außerdem schützt der Leindotter vor Unkraut, denn eigenartigerweise breitet er sich vornehmlich nur dort aus, wo die Hauptpflanze den Boden nicht bedenken konnte.
Dergleichen positiven Eigenschaften noch nicht genug, ergeben die geernteten und gepressten Ölkapseln des Leindotters ein wohlschmeckendes und gesundheitsförderndes Speiseöl, hergestellt von der Bliesgau-Ölmühle in Bliesransbach.
Die interessanten Aktivitäten des Bioland-Hofs von Marcus Comtesse hat die Peter-Imandt-Gesellschaft/Rosa-Luxemburg-Stiftung bewogen, diese einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Schon im März 2013 organisierte man in der Orangerie in Blieskastel eine größere Impulstagung über Mischfrucht. Im Sommer konnte quasi am "Tatort Feld" der lebendige Beweis angetreten werden:
Mit aller Sorgfältigkeit und mit dem sprichwörtlichen "Grünen Daumen" angegangen, sparen Mischkulturen dem Landwirt viel Geld. Die Feldfrüchte besitzen eine deutlich bessere Qualität, als wenn diese konventionell mit Spritzmittel oder in Monokulturen angebaut werden. Auch die Energiebilanz kann sich sehen lassen: Pro Hektar wird mehr Energie (ausgedrückt in Pflanzenölenergie) auf dem Acker erzeugt als zur Bearbeitung eingesetzt und das nur "nebenbei"!
Eigentlich schade, dass die Traktoren von Marcus Comtesse nicht mit eigenem Leindotteröl fahren können. Oder lieber doch nicht: Leindotteröl erlebt als Speiseöl reißenden Absatz und wäre daher zu schade um als schnöder Biokraftstoff zu enden.
Auf neun Feldern zwischen Wadgassen/Schaffhausen und Völklingen/Wehrden durften sich die Teilnehmer von der ökologischen Überlegenheit des Mischfruchtanbaus selbst überzeugen.
Feld 1:
4,3 Hektar Futtererbse/Gelbsenf
Den am 6. April ausgesäten 200 Kilo Futtererbsen der Sorte "Lisa" wurden am 6. Mai beim Striegeln 5 Kilo Gelbsenf untergesät.
Schlagname: "Pitches Eich hinter den Stumpfbirken". Vorfrucht war Dinkel.
Feld 2:
3,5 Hektar Sonnenblumen/Buchweizen/Leindotter/Senf
Am 6. Juni ausgesät: Sonnenblumen (PR64B24) 6,5 Kilo (etwa 6,5 cm tief) Buchweizen 50 Kilo (etwa 3 cm tief), Leindotter 8 Kilo und 5 Kilo Gelbsenf (oberflächlich über Prallblech) Aussaat erfolgte mit Eco-Dyn während einer Überfahrt
Schlagname: "Lang Längt". Vorfurcht war Dinkel
Feld 3:
1,8 Hektar Sommerroggen/Leindotter
Erst Totalausfall des im Vorjahr (Ende Oktober) ausgesäten Winterroggen durch Schwarzwild. Am 30. März erneute Aussaat mit Sommerroggen (140 Kilo pro Hektar) und Leindotter (8 Kilo pro Hektar).
Schlagname: "Auf der Heid". Vorfrucht waren Kartoffeln.
Feld 4:
1,9 Hektar Lupine Borgine/Leindotter.
Am 20. April folgte die Aussaat von 180 Kilo Lupine Borgine und 8 Kilo Leindotter (Menge pro Hektar).
Schlagname: "Auf der Lambertstros". Vorfrucht war Dinkel.
Feld 5:
3 Hektar Futtererbse/Leindotter
Aussaat am 17. April von 210 Kilo (pro Hektar) Futtererbsen (Sorte "Kleopatra"). Beim anschließenden Striegeln (mechanisches Ausreißen kleinerer Unkrautpflanzen in der oberen Bodenschicht) wurden am 6. Mai 8 Kilo (pro Hektar) Leindotter eingebracht.
Schlagname: "Lambertstros 1" Vorfurcht war Waldstaudenroggen.
Feld 6:
0,7 Hektar Luzerne/Leindotter/Senf
Aussaat am 17. April von Luzerne (25 Kilo pro Hektar), Leindotter (10 Kilo pro Hektar) und 5 Kilo Gelbsenf.
Schlagname: "Lambertstros 3". Vorfurcht war Dinkel.
Feld 7:
0,9 Hektar Nacktgerste/Leindotter
Die Nacktgerste "Lawina" wurde am 30. März ausgebracht (195 Kilo pro Hektar) mit etwa 5 Kilo Leindotter.
Schlagname: "Auf der Scheib 1+2". Vorfrucht war Weißklee.
Feld 8:
0,4 Hektar Nacktgerste/Linsen/Leindotter
Auf die relativ kleine Fläche von 0,4 Hektar wurden am 30. März Nacktgerste (160 Kilo pro Hektar), 40 Kilo Grüne Linsen und 5 Kilo Leindotter ausgebracht.
Schlagname: "Auf der Scheib 3". Vorfrucht war Weißklee.
Feld 9:
2,7 Hektar Wicke/Senf
Am 7. April kam es zur Aussaat von 110 Kilo (pro Hektar) der Sommerwicke (Sorte "Ebena") und 5 Kilo Senf.
Schlagname: "Scheib 4" Vorfrucht war Dinkel.
Und die richtige Aussaattechnik gab es zudem zu bewundern: Eigens auf dem Feldtag führte die Schweizer Landtechnikfirma BÄRTSCHI, die mit der Firma Friedrich Wenz entwickelten Aussäaer "WEcoDyn" für pfluglose Bodenbearbeitung und Saatsystem vor.
- Pfluglose Bodenbearbeitung bei Friedrich Wenz auf arte.tv
- Pfluglose Perma-Agrartechnik auf baertschi.com
- Reader zum Kongress "Mischfruchtanbau" u.a. mit einem Beitrag von Marcus Comtesse